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übernimmt periodisch die Texte der zwei
bis drei wöchentlichen Newsletters.
Junge Berufstätige und Lehrlinge aus dem schaffhauserischen Klettgau.
Neujahr 1965
An den Bundesrat der schweizerischen Eidgenossenschaft, 3000 Bern
Hochgeachtete Herren Bundesräte,
Auch wir jungen Bewohner des abgelegenen klettgauer Weinlandes haben die Diskussionen, wie unsere Hochkonjunktur in gesunde Bahnen gelenkt werden könne mit Interesse verfolgt. Wenn viele Volkswirtschafter eine andauernde Periode der Prosperität voraussagen, so wollen wir uns über diese Entwicklung dankbar freuen, auch wenn dadurch verschiedene Probleme auftreten, die es zu lösen gilt. Verschiedene Wirtschaftsfachleute haben denn auch bereits Programme für eine wachstumsgerechte Wirtschaftspolitik ausgearbeitet. Mit wirtschaftspolitischen Massnahmen allein dürften sich aber die mannigfaltigen Probleme, die uns unser Zeitalter des zunehmenden Wohlstandes aufgibt, nicht lösen lassen. Gestatten Sie uns deshalb bitte, dass wir auf folgende Punkte hinweisen:
Sollte nicht auch die Schule ihr Programm besser anpassen?
Die fortschreitende Spezialisierung in der Wirtschaft machte auch eine entsprechende Spezialisierung des Unterrichts in den Schulen notwendig. Wer aber nicht Gelegenheit hat, sich eine akademische Bildung anzueignen, wird oft zum einseitigen Materialisten erzogen, weil in den Berufsschulen ausser etwas Staatsbürgerkunde meist nur reines Fachwissen vermittelt wird. Die Übersicht auf das Ganze darf aber nicht verloren gehen. Auch wenn nur wenige Stunden aufgewendet werden können, sollte der angehende Berufsmann möglichst durch Musterbeispiele summarisch über die verschiedenen Berufe und deren Aufgaben, über die vielen Wissensgebiete, über Kunst, Musik, Literatur usw. eine kleine Übersicht erhalten, damit er sich später zurechtfindet. Leider schweigt sich die Schule aber besonders über die aktuellen Gegenwartsprobleme aus. Die Brücke von der Schule zum Leben fehlt, wird doch z.B. im Geschichtsunterricht oft nicht einmal mehr der erste Weltkrieg behandelt. Allgemein vermittelt die Schule wohl viel Wissen. Sollte aber der Schüler nicht auch gelehrt werden, schöpferisch und in Zusammenhängen zu denken? Unter anderem dürfte dann auch allgemein erkannt werden, dass ein Land auf die Dauer nicht mehr verbrauchen kann, als es gewillt ist, selbst zu erarbeiten.
In der Natur, besonders aber auch beim Menschen nehmen die Zivilisationsschäden erschreckend überhand. Drängt es sich deshalb nicht auf, dass Fachleute die Jugend, insbesondere aber die Kandidaten für die immer zahlreicher werdenden Berufe mit unnatürlicher Lebensweise aufklären und beraten, bevor Schäden eintreten? Es steht auch immer mehr Freizeit zur Verfügung. Wäre es nicht nötig, dass auch die Schule die jungen Menschen unter Beizug geeigneter Kräfte über eine sinnvolle Freizeit- und Lebensgestaltung berät, anstatt diese „Beratung“ der zweifelhaften Vergnügungsindustrie zu überlassen? Weil aber die Erziehung unter den heutigen Verhältnissen viel schwieriger ist, oder weil sich eine ungenügende Erziehung viel ungünstiger auswirkt als früher, scheint uns angehenden Vätern und Müttern auch eine vermehrte Elternschulung nötiger als je. Damit sich das Kind im Leben behaupten kann, ist es verpflichtet, mindestens während 8 Jahren die Schule zu besuchen. Für den angehenden Stimmbürger ist der Staatsbürgerunterricht obligatorisch. Wer ein Auto lenken will, muss eine Fahrprüfung bestehen. Dagegen finden noch viele junge Leute, die eine Familie gründen und einmal Kinder, (Bürger von morgen), erziehen wollen, es nicht für nötig, sich für diese Aufgabe vorzubereiten. Sollten die Schulen nicht auch in dieser Richtung etwas tun?
Ist unsere Landesverteidigung umfassend genug?
Unsere Armee, die sich laufend den Verhältnissen anpasst, erfüllt wohl ihre Aufgabe im Sinne der göttlichen Ordnung der Bibel, wo es in Römer 13 heisst: „Sie (die Obrigkeit) trägt das Schwert nicht umsonst, denn sie ist Gottes Dienerin, eine Rächerin zur Strafe über den, der Böses tut.“ Sind aber nicht auch in unserm Land Zerstörungsmächte an der Arbeit, denen weder die Armee noch die Polizei mangels Gesetzen mit dem Schwert, d.h. mit wirksamen Mitteln entgegenwirken kann? Wir denken besonders an den zersetzenden Geist der hemmungslosen Genussucht und Sexualität, der durch Schundliteratur, durch viele Filme und manche Werbebotschaften in unser Volk hineingepumpt wird und besonders uns Junge gefährdet. Eine erschreckend grosse Zahl unserer Altersgenossinnen sind ledige Mütter. Sie, die Kinder und deren Väter sind die bedauernswerten Opfer von geldgierigen Drahtziehern und geheimen Verführern. Werden wir diesen raffinierten Verführungsmächten weiter standhalten können?
Wird diese Entwicklung nicht aufgehalten, so passt sie ausgezeichnet in das strategische Konzept der Kommunisten, das unter anderem lautet:
„Die westlichen Länder werden, einfältig und dekadent, mit Freuden selbst an ihrer eigenen Zerstörung mitarbeiten. Sobald aber ihre Wachsamkeit nachlässt, werden wir sie mit geballter Faust zerschmettern.“
Das im „Weg der Schweiz“ an der Expo zwischen den 5 Filmen und der Abteilung „Aufgaben von morgen“ platzierte grosse Christusbild hat uns gemahnt, dass wir uns mehr vom Christus-Geist beeinflussen und bestimmen lassen sollen.
Für Ihre Unterstützung danken wir Ihnen, sehr geehrte Herren Bundesräte, herzlich.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Die Brücke zum Leben fehlt
(Radiosendung vom 20.3.65)
Radio Zürich hat 6 der 42 jungen Klettgauer, die anfangs Januar dem Bundesrat einen Brief geschrieben haben, zu einer Diskussion mit Waldemar Feller und den Schulrektoren Dr. Müller der Gewerbeschule der Stadt Zürich und Dr. Märki der Handelsschule des Kaufmännischen Vereins Zürich eingeladen. Das Gespräch wurde am 20. März, 14.30 Uhr auszugsweise ausgestrahlt.
Auf die Frage, warum der Brief direkt an den Bundesrat adressiert worden sei, weist der Initiant der Gruppe darauf hin, dass es sich um Probleme über die Zukunft des ganzen Landes handle, speziell auch was die Frage der geistigen Landesverteidigung anbetrifft. Der Brief sei im Bundeshaus positiv aufgenommen worden. Die Presse der ganzen Schweiz, Behördemitglieder, Lehrer, Erzieher und verschiedene Organisationen haben das Anliegen der jungen Klettgauer ebenfalls positiv unterstützt.
Der Direktor der Handelsschule unterstreicht, dass die Lehre vor allem Berufsvorbereitung sei. Berufsbildung sei die Pforte zur Menschenbildung. Leider habe man für Allgemeinbildendes wenig Zeit. Er fragt sich, ob die Lehre nicht verlängert werden solle und weist auf den 2. Bildungsgang, die Fremdmatura und die neuen Fächer „Lebenskunde“ hin.
Vom Fach „Lebenskunde“ erwarten die jungen Klettgauer vor allem Beratung über Freizeit- und Lebensprobleme und christliche Charakterbildung. Das moderne Leben gleiche einer grossen Stadt mit vielerlei Gassen. Einzelwissen könne man sich auch ausserhalb der Schule aneignen. Was der junge Mensch aber brauche, sei vor allem Übersicht, wie durch einen Stadtplan oder wie von einem Turm herab, was zum Suchen und zur Tat anrege. Auch die Möglichkeit, unter Anleitung des Lehrers ausserhalb des Unterrichts zusammenhängende Aufgaben über eine längere Zeit hinaus selbständig lösen zu können, würde das schöpferische Denken fördern. Aufgabe der Schule jeder Stufe sei es auch, Brücken zwischen verschiedenen Weltanschauungen zu schlagen, statt diese Probleme zu ignorieren. Am besten werde jedoch „Lebenskunde“ vermittelt, durch lebensnahen, die Zusammenhänge aufzeigenden Unterricht mit Diskussionen und durch das Vorbild der Lehrer. Heute gleiche aber der Unterricht oft der Zuführung raffinierter Nahrung ohne Ballast- und Vitalstoffe, d.h. ohne Elemente, die zum Leben Beziehung haben. Natürliche „Kost sei aber künstlichen „Lebenskunde-Spritzen“ vorzuziehen.
Der Rektor der Gewerbeschule bedauert, dass Lebenskundeunterricht überhaupt eingeführt werden müsse. Alles was die Schule lehrt, sollte eigentlich Lebenskunde sein, was aber Lehrer-Persönlichkeiten bedinge. Früher habe der Lehrling im Hause des Meisters als Teil der Familie gelebt. Heute kenne der Lehrling den Meister nur noch als Berufsmann, Lebenskunde soll nach Möglichkeit in jedes Schulfach eingebettet werden.
Die jungen Klettgauer erklären sich erfreut darüber, dass man auch in Schulvorsteher-Kreisen bestrebt ist, den Unterricht lebensnaher zu gestalten. - Sie glauben, dass aber auch ein vermehrtes Gespräch der Lehrer mit den Eltern und mit Leuten aus Wirtschaft und Politik zur Förderung der Lehrer und Eltern und zu einem besseren Verständnis wesentlich beitragen könnte. Sie fragen sich auch, ob vieles Aneinandervorbeireden und manche Disharmonie in Politik, Wirtschaft und Natur, wie auch die schwindende Autorität von Eltern und Vorgesetzten nicht daher kommt, dass auch schon die ältere Generation ihre Vorgesetzten und Gott als höchste Autorität oft ignoriert und selbst einfachste Naturgesetze missachtet.
Passt die Schule ihr Programm den Bedürfnissen an?
Geht die Übersicht auf das Ganze nicht verloren?
Besteht eine Brücke von der Schule zum Leben?
Nimmt sich die Schule den Gegenwartsproblemen an?