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Lebensberater, November 1971 (gekürzt)

"Die Bildungskatastrophe wird obrigkeitlich organisiert."

Das behauptete Prof. Dr. von Wartburg, Aarau, im Rahmen der kürzlich veranstalteten Vortragstagung "Schule und Wirtschaft" der Vereinigung für freies Unternehmertum (Vgl. "Schaffhauser Nachrichten" vom 26., 27. und 28. August 1971). Die Bildungswissenschaft setze die Unfreiheit des Menschen voraus und verbinde sich mit der Wissenschaftsgläubigkeit und mit der menschlichen Bequemlichkeit, Freiheit gar nicht zu wollen. Was heute an Reformvorschlägen "verkauft" werde, sei durchtränkt von Wissenschaftlichkeit, und darum für eine menschengemässe Erziehung geradezu Gift. Der Lehrer, der Erzieher arbeite nicht an einem leeren Computer, der gefüllt werden müsse, sondern an einem sich (verschiedenartig) entfaltenden ganzheitlichen Lebewesen.

Diese Feststellungen gelten auch für Aufklärungsbemühungen der Schule im Stile des deutschen Sex-Atlasses, den der Blaubeurer Sexologe Dr. med. Neunhofer, dessen Doktorarbeit als Grundlage diente, stark kritisierte. Wertfreie, d.h. nicht ethisch gewertete Aufklärung sei wertlos, habe doch der Mensch auch eine Seele und bestehe nicht nur aus Fleisch und Knochen.

Wie in der Medizin ein Mangel nicht unbeschadet von heute auf morgen mit einer Spritze behoben werden kann, so ist es doch auch nicht möglich, Vernachlässigtes in der Erziehung mit einer geballten Ladung Wissen in ein paar vom übrigen Unterricht unnatürlich abgetrennten Lektionen ohne Schaden zu beheben.

In sorgfältiger Arbeit ist im Kanton Schaffhausen eine Dokumentation für die Erziehung und Aufklärung entstanden, welche die Erziehungsdirektion im Dezember 1968 herausgegeben hat. Das Handbuch enthält wertvolle Anregungen und Hinweise auf geeignete Autoren, wie Hanni Zahner, Dr. med. B. Harnik und andere mehr. In dieser Anleitung wird klar auf die ethischen Zusammenhänge hingewiesen, aber auch z. B. vor der Empfehlung der "Pille" gewarnt. Auch kommt Dr. med. H.G. Bodmer, der Leiter des schulärztlichen Dienstes der Stadt Zürich zum Wort, der den Jungen wohlbegründet allen modernen Theorien zum Trotz abrät, sich vorehelichen intimen Beziehungen hinzugeben. - Inzwischen hielt der moderne Theologe Dr. G. Barczay, Verfasser des Buches "Revolution der Moral?", an einer Lehrerkonferenz einen Vortrag, in welchem er das Handbuch kritisierte und "vorehelichen Beziehungen in Verantwortung" das Wort redete. Der Vortrag wurde alsdann als neue Diskussionsgrundlage im Schulblatt abgedruckt, ohne dass aber auch der gegenteilige Standpunkt veröffentlicht worden wäre. Angesichts dieser Tatsache, und wenn man hört, dass bei vielen Seminaristinnen die Pille so gut wie das Taschentuch ins Handtäschchen gehöre, muss man sich nicht mehr wundern, wenn die Aufklärung über Verhütungsmittel im Stile des eingangs erwähnten Beispiels allgemein und recht instruktiv vor sich gehen könnte. Im "Tages-Anzeiger" wies kürzlich eine Erzieherin auf die englische Kinderpsychologin L. Eichhoff hin, welche vor einer ausführlichen Aufklärung über Geschlechtsverkehr, Schwangerschaftsverhütung und Abtreibung im Volksschulalter warnt. In England hätten dadurch (trotz Pille) die unehelichen Geburten bei 11- bis 16-Jährigen rapid zugenommen, ebenfalls die Abtreibungen und Geschlechtskrankheiten.

Der stillschweigende oder ausdrücklich erteilte "Segen" der Schule bleibt also nicht wirkungslos. Besonders verwerflich ist es, wenn die Autorität der Erzieher dazu missbraucht wird, den Schüler geistig zu vergewaltigen, indem ihm andere Auffassungen vorenthalten werden, so dass dem Beeinflussten die Freiheit der Entscheidung mangels Wissen genommen wird.

Von der wieder zurück zur Natur und zur wirklichen Wahrheit drängenden Jugend schreibt der New Yorker Jugendberater Dr. N.V. Peal in seinem im Oesch-Verlag erschienenen Buch "Sex, Unmoral und innere Reife", dass die Jungen idealistischer seien als die Alten und dass sie eine Herausforderung zur Selbstenthaltung stimulieren würde, weil sie sich bewähren wollten. Auch die wertvolle, 55 Seiten umfassende Broschüre "Zwischen 16 und 25" von Dr. med. B. Harnik aus dem Gotthelfverlag will in die gleiche Richtung weisen und hilfreich sein. Nehmen wir diese einsamen Rufer in der Wüste aber noch ernst?

Oder wollen wir eine durch einseitige, nicht ethisch wertende Bildung (lies Funktionalisierung) abgerichtete Jugend, welche den Kampf für wirkliche Freiheit aus Bequemlichkeit missachtet und sich als pillen- und drogenabhängige, willenlose Wisser von geheimen und öffentlichen Verführern treiben lässt, unter dem Motto "Knechtet uns, nur macht uns satt"?Das wäre aber "Menschenmaterial" für den von vielen herbeigesehnten, auf Weltebene gesteuerten Versorgerstaat, der bis in die Privatsphäre hinein alles rücksichtslos programmiert.

Hat Prof. J.R. von Salis nicht recht, wenn er die Gefahr für unser freiheitliches Staatswesen von innen her kommen sieht?

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