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Schaffhauser Nachrichten, 16.1.1971 (gekürzt)

Prof. Dr. H. Wildberger am Klettgauer Volkshochschulkurs „Israel - Naher Osten“

Als Bund der zwölf Stämme, die gemeinsam Jahwe verehrten, erkannte sich das Israel des Alten Testamentes als Gottes Volk durch seine Befreiung aus der Hand der Ägypter, seiner Führung durch die Wüste und der Einführung nach Kanaan. Der Jude sieht Gottes Güte und Erlösung nicht wie wir Christen in Jesus Christus, sondern in der Heimführung in das gelobte Land, erklärte der Redner. Während beispielsweise in Ägypten die Herrschaft Pharaos mit der Herrschaft Gottes zusammenfällt, ist die im Glauben auf das Reich Gottes gerichtete jüdische Religionsgemeinschaft vom Staat getrennt. Zwar ist die Staatsform nach der Richterzeit zur Behauptung der Unabhängigkeit nötig geworden. Weltsendung Israels ist jedoch nicht Weltmacht, sondern Gottesmacht zu bezeugen, was allerdings nur in grosser Ohnmacht getan wurde.

Es sei einmalig in der Geschichte, dass sich eine so stark in Minderheit versetzte Glaubensgemeinschaft wie diejenige der Juden trotz des grossen christlichen Einflusses habe halten können. Im Misserfolg der gütigen oder gewalttätigen Bekehrungsversuche liege nach Ansicht des Referenten die Erklärung des Antisemitismus. Leider habe die Kirche nicht auf das Neue Testament gehört, in welchem Nächstenliebe geboten ist und in dem Paulus in seinen Römerbriefen in Kapitel 9 bis 11 die Erkenntnis niedergelegt hat, dass Israel vorläufig neben der Kirche weiterexistiere, als - wie die Christenheit - in den Ungehorsam hineinverbanntes Geschlecht, dem Barmherzigkeit widerfahren werde.

Zwar sei die Gemeinsamkeit von Juden und Christen noch nicht Wirklichkeit geworden. Dass das Judenvolk aber wieder in sein Land zurückgekehrt sei, zeige, dass Gott offenbar auch heute noch Pläne mit Israel habe (eine Auffassung, der sich die moderne Theologie leider nicht anschliessen kann). Dagegen wird Jesus von der modernen theologischen Jugend zu einem politischen Revolutionär umfunktioniert, was von Prof. Wildberger ironisch kritisiert worden ist. Selbst in seinen besten Zeiten habe sich Israel mit andern Völkern ins Land teilen müssen. Wesentlich sei für das jüdische Volk nicht der Staat, sondern die Wohnmöglichkeit im Land der Väter. Leider sei aber unter den heutigen Umständen diese Möglichkeit wie in der Nachrichterzeit (beginnend mit König Saul) ohne Staatswesen undenkbar. Deshalb müssten wir den Staat Israel bejahen, aber ohne Israel zu glorifizieren, was leicht in Hass umschlagen könne. Noch sei ja Israel alles andere als ein frommes Land, seien doch die religiösen Kreise in der starken Minderheit. Sie seien jedoch Zeugen eines Zeichens, dass Gott zu Israel stehe. Wenn sich der moderne jüdische Staat „Israel“ nenne, so müssten sich darin, wie die Bibel sage, Gerechtigkeit und Frieden küssen und es müsste die Versöhnung kommen. Noch sei Israel indessen eine säkulare, weltliche Grösse und kein messianisches Reich. „Ich erwarte aber viel“, sagte der Redner. Sinn des Volkes Israel sei zu zeigen, was Gottes Gerechtigkeit auf Erden auszurichten vermöge nach der Verheissung am Anfang der Bibel, dass in Israel die ganze Welt gesegnet werde.

Die Christenheit treffe grosse Schuld. Wir müssten die Vergangenheit mit den Juden bereinigen und den Antisemitismus überwinden, ohne in Philosemitismus zu machen. Auch das Flüchtlingsproblem müsse gelöst werden, forderte der Theologe. Dabei sei aber auch darauf hinzuweisen, dass auch andere Länder wie Indien oder Westdeutschland Flüchtlingsprobleme bewältigen müssten. Israel habe bereits eine Million Heimatlose aufgenommen. Es gebe auch reiche arabische Staaten, die sehr viel tun könnten. „Israel müsse ins Meer“ sei keine Alternative, es seien schon grössere Probleme gelöst worden. Am meisten hätten die hart bedrängten Amerikaner für die Flüchtlinge getan, die Russen dagegen gar nichts. Eine Politik, die sich aber nur darum kümmere, dass niemand verhungere, sei jedoch verfehlt. Auch seien die Flüchtlinge einseitig durch Ägypter geschult worden, wobei sich der eingepflanzte Hass heute auswirke. Diskussionsredner wiesen auch darauf hin, dass die arabischen Regierungen das Flüchtlingsproblem gar nicht lösen wollten, um Druck ausüben zu können. Auch seien die Rückkehrwilligen dazu überredet worden, in den Lagern zu bleiben, bis Israel vernichtet sei, worauf dann das ganze Land in Besitz genommen werden könne.

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